(138) Bitte nicht authentisch!

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Muss ich authentisch sein und was beutetet das überhaupt?

In diesem Beitrag geht es darum, wie ich „authentisch sein“ für mich förderlich statt hinderlich gestalte.

Über diese drei Punkte werden wir reden:

1. Wie kann „authentisch sein“, hinderlich sein?

2. Was bedeutet es überhaupt „authentisch zu sein?“

3. Was ist der Unterschied zwischen „authentisch“ und „stimmig“? Immerhin trägt dieser Podcast den Titel „stimmig“.

Wenn wir, also Sie und ich, uns persönlich kennenlernen, dann sind Sie typischerweise in einer Situation, die mit „Veränderung steht an“ am kompaktesten beschrieben ist.

Etwas Altes, bekanntes ist zu Ende und etwas Neues, aber wahrscheinlich unbekanntes muss her.

Aber eigentlich wollen Sie, oder zumindest die meisten, das Alte, das Bekannte zurück, nur irgendwie besser.

Menschen mögen keine Veränderungen. Menschen mögen Konstanz, Kontinuität, Verbesserung, im Sinne von mehr des gleichen, aber nicht weniger.

Veränderung, also etwas Neues, etwas anders, statt mehr des gleichen bedeutet zunächst einmal Unsicherheit.

Ich werde im Sinne des Wortes gezwungen, meine Komfortzone zu verlassen. So wie wir, als Gesellschaft, gerade gezwungen werden, aufgrund multipler Krisen, demografischer Fakten, politischer Entscheidungen, innovativer Technologien, neuen Wettbewerbern usw. den gewohnten Pfad zu verlassen.

Wenn Sie meinen Podcast kennen, dann wissen Sie, dass ich der Meinung bin, dass diese Dekade die ist, die in fetten Lettern die Überschrift „Veränderung“ trägt. Doch das Einzige, was ich wirklich und nachhaltig verändern kann, ist nur ich mich selbst. Das ist in gewisser Weise beängstigend, weil es konsequent die Eigenverantwortlichkeit in den Fokus stellt.

Doch sind wir aktuell eher in der entgegengesetzten Richtung unterwegs. Um der Angst vor der Eigenverantwortlichkeit auszuweichen, ruft die große Mehrheit nach dem starken Staat, der – um es abzukürzen – unsere Komfortzone sichern soll, koste es, was wolle. Sogar um den Preis der Wiedereinführung des Sozialismus, aller schlimmen Erfahrungen zum Trotz.

Doch zurück zum Punkt.

Wenn Sie Komfortzone googeln, dann finden Sie, dass der erste Schritt aus der Komfortzone in die Angstzone führt, dann in die Lernzone übergeht und anschließend in die Wachstumszone.

Sofern Sie diesen Weg bis zum Ende gehen.

Das soll aber jetzt nicht das Thema sein. Jeder, auch wenn sie oder er „Tarzan“ mit zweitem Vornamen heißt, überlegt sich ganz genau den ersten Schritt zu tun und die Komfortzone zu verlassen.

Das ist allzu menschlich, insbesondere wenn Ihr höchster Wert „Sicherheit“ ist.

Auch dass die Komfortzone mit der Zeit schrumpft, immer enger wird, wenn ich mich nicht weiterbilde und weiterentwickle, soll hier und heute außen vor bleiben.

Weiterbildung und Weiterentwicklung sind zwei grundverschiedene Themen, auch wenn das eine das andere bedingt.

Wenn wir uns gegenübersitzen, dann reden wir ganz konkret über Methodiken und einen Plan, wie Sie ihr Ziel erreichen. Welches auch immer das ist. Einen neuen Job, einen anderen Job, einen Job mit mehr oder auch weniger Verantwortung, oder etwas völlig anderes. Es geht immer darum, dass sie ihren Weg zum Ziel finden.

Fest steht allerdings, dass Sie etwas verändern müssen, nämlich Sie sich selbst.

Denn die alte Weisheit, dass derjenige, der immer das Gleiche tut, auch immer das gleiche Ergebnis erhalten wird, ist weiterhin gültig.

Und genau jetzt, wenn wir mit der Arbeit beginnen, kann es kritisch werden.

Ich höre dann oft Folgendes:

»Nein, das geht nicht«, »Nein, das kann ich nicht« oder »Ich will mich nicht verbiegen« oder »Nein, das bin ich nicht« und »Ich will authentisch bleiben!«

Jetzt stehen wir schon vor zwei großen Fragen:

1. Wer bin ich? Die Frage ist so alt wie die Menschheit. Es geht um Ihre Identität.

Hand aufs Herz. Können Sie diese Frage verständlich in zwei Minuten beantworten?

Müssen Sie aber, im Vorstellungsgespräch. Denn das ist, was das Gegenüber wirklich erfahren möchte.

Wir können die Frage: Wer bin ich? Erweitern um die Frage: Wer bin ich und, wie zufrieden bin ich damit, auf einer Skala von 0 -10?

Und, wie lautet Ihre Antwort?

Die zweite große Frage lautet nun: Wer will ich sein?

Dann können wir die Frage erweitern auf: Wer bin ich und wer will ich sein?

Oder noch konkreter:

Wer bin ich heute und wer will ich in 10 Tagen, 10 Monaten und in 10 Jahren sein?

Vielleicht erinnern Sie sich noch an Ihre guten Vorsätze für das neue Jahr?

Mit genau dieser Fragestellung übernehme ich die Verantwortung für meine Identität.

Das ist aber Stoff für eine nächste Folge dieses Podcasts.

Um es abzukürzen, die Verantwortung für meine Identität im Wandel der Zeit zu übernehmen, ist eines der wesentlichen Elemente für Zufriedenheit und Erfolg.

Wenn ich aber nun behaupte, dass dieses für mich authentisch ist und jenes jedoch nicht, worauf beziehe ich das?

Doch sicherlich auf mich als Person, mit der ich mich identifiziere.

Also meine Messlatte meiner Vorstellung von meiner Identität, richtig?

Wie Sie hören, hadere ich mit dem leichtfertigen Gebrauch von „authentisch sein“, weil es viel zu häufig als Vorwand oder Schutzschild gegen Veränderung genutzt wird.

Ein kleines Beispiel.

Einige meiner Kunden tun sich schwer damit, mein Buch oder die App „Die Antworten auf die 101 Fragen im Vorstellungsgespräch“ zu bearbeiten.

Ich habe schon Aussagen gehört wie: „Herr Mörs, Sie glauben doch nicht wirklich, dass ich Ihre Fragen und Antworten auswendig lerne. Das bin ich nicht! Ich gehe da völlig authentisch rein. Ich habe schon ganz Gespräche für mich entschieden!“

Doch ist das nicht schlicht die Weigerung, die eigene Identität infrage zu stellen und zu lernen?

Also die Komfortzone zu verlassen und in der Lernzone zu landen.

Doch je früher ich lebenslanges Lernen zu meiner Identität hinzufüge, umso mehr schütze ich mich vor der beruflichen Insolvenz.

Der beruflichen Insolvenz mangels Weiterbildung und Weiterentwicklung.

Diejenigen, die meine App oder das Buch bearbeiten, bestätigen mir die gewünschten Effekte.

Nämlich über die Fragen und meinen jeweils 3–5 Antworten inspiriert, die eigenen Antworten zu finden.

Sowie von keiner Frage überrascht zu werden, weil sie unbekannt oder dämliche ist, um dann etwas „authentisches“ von sich zu geben.

Weiteres Beispiel:

Aus meinem Bekanntenkreis berichtet mir jemand über ein bevorstehendes Vorstellungsgespräch, auf das er sich sehr freut und stark dafür gekämpft hat.

Auf meine Frage, wie er sich darauf vorbereitet, kam die für mich überraschende Antwort: Gar nicht. Ich gehe da völlig authentisch und offen rein. Die sollen mich kennenlernen, wie ich bin.

Ist das eine Mischung aus Naivität und Faulheit? Nein, es ist Angst. Dazu später mehr.

Es geht um das persönliche Mindset, also die grundsätzliche Denkweise, wie ich Herausforderungen angehe und annehme. Dazu drei Empfehlungen:

Fixed Mindset vs. Grothw Mindset – wie Carol Dweck das sie in Ihrem Buch „Selbstbild“ so überaus nachvollziehbar beschreibt – der Link zum Buch in den Shownotes.

Und in Folge 7 dieses Podcasts „Lebenslanges Lernen.“

Sowie die Webinar-Aufzeichnung „Die 7 Todsünden im Vorstellungsgespräch“ mit Chris Ley und mir

Doch zurück zu: Ich präsentiere mich so, wie ich bin. Also »tagesformabhängig« oder was bedeutet genau?

So wie Paul Watzlawick treffend formulierte: »Man kann nicht nicht kommunizieren.« So ist es auch mit dem Eindruck, den wir hinterlassen. Wir können nicht keinen Eindruck hinterlassen.

Und bekanntlich gibt es keine zweite Chance für den ersten Eindruck.

So also ist doch die Frage legitim, wie ich einen guten, sehr guten oder gar exzellenten Eindruck hinterlassen kann. Und Eindruck entsteht durch Ausdruck. Sprache wie Körpersprache.

Interessant ist übrigens, dass der Begriff Selbstdarsteller eher negativ konnotiert ist.

Wenn wir uns nicht selbst, also so wie ich bin, darstellen sollen, wen denn dann?

Deshalb der von mir verwendete Begriff „stimmig“, der auch mit „echt“ oder „wahrhaftig“ umschrieben werden kann. Denn das ist das, was Ihr gegenüber wahrnehmen möchte. Jemanden, der echt ist und wahrhaftig, dem ich vertrauen kann. Egal, ob im Vorstellungsgespräch oder bei der Partnerwahl. Richtig?

Als ich mit der Recherche zu diesem Podcast begann, stieß ich u. a. auf diesen Satz:

»Wer authentisch ist, der ist aufrichtig und hat die Courage, seine Meinung zu vertreten und sich für die Dinge einzusetzen, an die er glaubt.«

Auweia dachte ich und hatte sofort das Bild eines übergriffigen Missionars im Kopf, dessen Leben tragisch endete. Oder die Angriffe, denen die Impfskeptiker ausgesetzt waren oder sind, die nämlich Courage gezeigt haben.

Die obige Definition von „authentisch“ trifft so ziemlich das, was unter „gut gemeint ist, das Gegenteil von gut gemacht“ zu verstehen ist. Also unbrauchbar für unsere Zwecke.

Deshalb zunächst zu den harten Fakten:

Ich kann nicht authentisch sein, ich kann nur aus als authentisch wahrgenommen werden.

Mein Gegenüber, meine Gesprächspartner, mein Publikum entscheidet, ob ich authentisch bin oder eben nicht.

Mein Publikum entscheidet – das ist wichtig zu verstehen – gänzlich unabhängig von meiner Meinung.

Zugegeben, das tun wir alle. Das ist evolutionsbiologisch wohl in uns verankert. In den ersten paar Sekunden eines Gesprächs fällen wir ein Urteil über unser Gegenüber – Sie kennen das auch, oder?

Jetzt – Hand aufs Herz, wollen Sie im Vorstellungsgespräch, in einer Verhandlung oder einem Date authentisch sein oder überzeugen? Und damit den gewünschten Job, Vertrag oder Partner bekommen oder nicht?

Wenn wir uns in eine solche, nicht ganz alltägliche Situation begeben, auf dem Prüfstand stehen, dann ist es doch unser Ziel zu gewinnen, oder etwa nicht?

Es geht doch niemand mit dem Vorsatz in ein Vorstellungsgespräch oder zu einem Date, um zu verlieren?

Hoffe ich doch.

Selbstsabotage ist ebenfalls Stoff für eine nächste Podcast-Folge.

Oftmals höre ich Argumente wie Ehrlichkeit, Wahrheit, so sein, Inszenierung … um dann in das genaue Gegenteil zu fallen und für ihr Publikum ungehobelte, buchhalterisch trocken, aufdringlich, unattraktiv usw. zu erscheinen – das kann doch nicht das Ziel gewesen sein.

Ich nenne das Scheinargumente, um von der eigenen Verantwortung für die eigne Wahrnehmung abzulenken.

Ein wenig so wie der völlig unsinnige Satz: »Wir sind arm, aber ehrlich!«

Denn der Umkehrschluss ist falsch.

Dazu ein provokantes Nietzsche-Zitat: »Es ist nicht mehr als ein moralisches Vorurteil, dass Wahrheit mehr wert ist als Schein; es ist sogar die schlechtest bewiesene Annahme, die es in der Welt gibt.«

Darüber muss man mehr als 5 Minuten nachdenken …

Unstrittig ist, dass Wahrheit immer subjektiv ist. Des einen Freud, des anderen Leid – sagt der Volksmund.

Ist denn „authentisch sein“ gleich professionell? In 98 % der Fälle eben genau nicht.

Kennen Sie die folgende Situation? Sie sind neu im Unternehmen. Sie sitzen in einem Meeting mit, sagen wir, zwölf Teilnehmern, die Sie nicht kennen und es geht nun in die Vorstellungsrunde. Welchen Text haben sie vorbereitet, um sich in max. 2 Minuten professionell vorzustellen? Mindestens elf der zwölf Teilnehmer haben keinen vorbereiteten Text, sondern produzieren sich jetzt, nun ja, nach Tagesform, mehr oder weniger ausdrucksstark und eindrucksvoll.

Das mag zwar „authentisch sein“, aber eben nicht professionell. Bisweilen lustig bis peinlich.

Professionell bedeutet, seiner Profession gemäß, den Standard zu erfüllen – mindestens.

Wir sind keine Schauspieler, aber wir spielen alle und ständig eine Rolle in einem jeweils anderen Film.

Daheim, im Job, im Verein, als Mann, Frau, Partner, Freund usw. und bisweilen fallen wir aus der Rolle oder sind im falschen Film unterwegs. Kennen Sie alle.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass wenn wir einen Schauspieler so kennenlernen, wie er oder sie wirklich ist, dass wir dann eher enttäuscht wären.

Wir verwechseln gerne die Rolle mit dem Menschen.

Was macht denn wirklich authentisch? Wann erlebe ich jemanden so, wie er oder sie wirklich ist?

Gib jemanden Macht oder mache ihm Angst und er zeigt seinen wahren Charakter, wird also authentisch, heißt es in einer Volksweisheit.

Insbesondere Künstler, die ich wirklich bewundert habe, deren Platten und Bücher ich gekauft habe, haben in der Pandemie ihren wahren Charakter gezeigt und sich, zumindest für mich, völlig disqualifiziert.

Wenn wir schon bei Künstlern sind, also bei Profis –

Was unterscheidet eine mäßige, eine gute Theateraufführung von einer exzellenten, die uns wirklich berührt und begeistert hat?

Es ist die Kompetenz der Schauspieler und das Engagement, eins mit der Rolle sein, was bedeutet, die eigene Identität in den Hintergrund zu rücken. Also eben nicht seinem Umfeld ein „ich bin nun mal wie ich bin“ aufzuzwingen.

Sowie die Zahl der Übungsstunden, die der Künstler investiert. Weniger das Talent. Sie kennen möglicherweise die These über die 10.000 Übungsstunden, um Profi zu werden.

Nicht weil jemand, der beste Sänger ist, muss er nicht mehr üben, sondern weil er übt, ist er der beste Sänger der Welt. Das gilt, soweit ich das beurteilen kann, für so ziemlich jede Fertigkeit.

Inszenierung bedeutet auch, dass ich die Kontrolle behalte. Ich bin eben nicht meinen Emotionen, die auch durch mein Publikum geprägt werden, machtlos ausgeliefert.

Wer sich selbst kennt, weiß besser, warum er sich so verhält, wie er es tut.

Und je besser ich vorbereitet bin, desto bewusster erlebe ich die Situation und kann besser steuern, was im Vorstellungsgespräch mehr als die halbe Miete ist.

Wenn es so ist, dass das Umfeld entscheidet und damit bewertet, ob ich authentisch bin oder nicht, dann stehe ich doch vor der Frage, wie ich darauf Einfluss nehmen kann? Am besten positiv in meinem Sinne.

Es geht also um meine Wirkung, wie ich bei anderen ankomme und wie sie mich wahrnehmen.

Ist es nicht so, dass nahezu jeder wahrgenommen werden möchte, und zwar als kompetent, charismatisch, freundlich, stark, empathisch, zuverlässig, oder welchen Eindruck auch immer Sie und Ihr Profil hinterlassen wollen? Oder was das Profil einer zu besetzenden Position erfordert.

Welchen Eindruck hinterlässt mein Ausdruck? Das ist doch die eigentliche Frage.

Wie bringe ich mich in der jeweiligen Rolle, in der mich gerade befinde, zum Ausdruck?

Mich von meiner besten Seite zeigen. Jeder würde sich gerne inszenieren, hat aber Angst vor der Bewertung durch das Publikum und zieht sich auf die Behauptung zurück: So bin ich halt und kann nicht anders.

Deshalb ist es so wichtig genau zu wissen, in welchem Film ich gerade spiele und welche Rolle ich dort aktiv übernommen habe oder mir zugedacht wurde und ob ich damit einverstanden bin.

Das ist die Frage, die ich mir vor jedem wichtigen Gespräch, Auftritt, Verhandlung stellen muss – so wie ich mit diesem Podcast gerade.

Der letzte CDU-Kanzlerkandidat und SPD-Kanzlerkandidat davor waren im falschen Film und nahezu alle haben es gesehen. Von der Rolle nicht überzeugt sein und sie trotzdem zu spielen führt eher früher als später in die Krise.

Je nach Quelle lesen wir, dass gut 80 % der Führungskräfte im falschen Film sind oder Ihre Rolle nicht beherrschen oder beides. Was für viel Leid bei allen Beteiligten sorgt, wie bei Umfragen oder auf Bewertungsportalen zu sehen ist.

Warum? Wenn ein Film zu Ende ist, ist es Zeit, zu gehen. Doch wie oft sehen wir aber Manager oder Politiker kleben, am Film, an ihrer Rolle oder beidem. Manchmal tut es sichtlich weh.

Doch zurück –

»Der Inhalt einer Botschaft wird vom Empfänger bestimmt.« Sagte Paul Watzlawick.

Also nicht das, was ich gesagt habe, zählt, sondern das, was der andere verstanden, interpretiert hat, ist ausschlaggebend.

Ein weiterer Punkt, der die These stützt, dass ich nicht authentisch sein kann, sondern als authentisch wahrgenommen werde oder eben nicht.

Am Feedback meiner Zuhörer erkenne ich also den Grad meiner Authentizität.

Wenn ich einen stimmigen Eindruck hinterlasse, werde ich als authentisch und echt wahrgenommen.

Möchte ich einen hohen Grad an Zustimmung erreichen, so muss ich mich auf meine Zuhörer, oder besser Zielgruppe, einstellen, also an meiner Ausdrucksweise und Botschaft arbeiten.

Von Steve Jobs sagt man, dass jeder Minute seiner Präsentation 10 Stunden Training vorausgingen.

Weiterhin sagt man Steve Jobs nach, dass wenn man ihn „authentisch“ erlebt hat, dass das alles andere als spaßig war.

Denn der Imperativ »Sei authentisch!« meint etwas anderes. Sei so, dass dein Publikum von dir sagt: Das war authentisch. Und zwar im Sinne von gut, wahrhaftig und glaubwürdig.

War Armin Laschet in der Zeit vor der Bundestagswahl authentisch? Ich denke nicht. Er war der Rolle, die er sich wohl nicht ganz freiwillig ausgesucht hat, nicht gewachsen.

»Natürlichkeit ist die Schwerste aller Posen«, sagte Oscar Wilde so treffend.

Vielleicht meint der unbrauchbare Rat: sei einfach authentisch – in Wirklichkeit: sei einfach locker! Sei natürlich! – könnte sein, was denken sie?

Dr. Stefan Wachtel, ein deutscher Sprechwissenschaftler, Management-Coach und Sachbuchautor, hat es so wunderschön formuliert:

Ohne Vorbereitung ist es oft aufrichtig schlecht.

„Wir können das überall dort beobachten, wo Menschen sich selbst vorstellen, wenn die versuchen, der Wahrheit ganz nah zu kommen, wie sie sind, in möglichst korrekter Reihenfolge zu sagen, wie sie heißen und was sie wann getan haben. Es ist manchmal furchtbar, nicht nur, weil es langweilig ist. Es ist ohne Vorbereitung oft aufrichtig schlecht. Das Einfachste kostet Mühe. Wenn Sie ehrlich sind, beobachten Sie das auch bei sich selbst. Wenn wir ganz authentisch drauflosreden, kommen besonders viele Hohlformeln heraus.“

Kennen Sie auch dieses Gefühl, dass wenn sich jemand vor lauter Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit um Kopf und Kragen redet, dass er oder sie uns dann aufrichtig leidtut?

Mitleid ist aber sicherlich nicht das Gefühl, das sie in einem Vorstellungsgespräch oder einem Date bei ihrem Gegenüber erzeugen wollen, oder?

Sich seiner Rolle zu verweigern, bedeutet doch nicht automatisch, ehrlich und authentisch zu sein.

Ganz im Gegenteil, im besten Falle sind nur langweilig und eben aufrichtig schlecht.

Jeder weiß, dass, wenn Sie eine Geige zum ersten Mal in die Hand nehmen und den Bogen streichen, dass das Ergebnis für alle Beteiligten grässlich ist. Dennoch glauben viele, dass es Disziplinen gibt, die ohne Übung aus dem Stand heraus beim ersten Mal sofort olympiareif gelingen. Dabei wissen wir doch alle, wie schwer es war, Fahrradfahren zu lernen.

Ich rede so, wie mir der Schnabel gewachsen ist! Also ganz authentisch ich.

Beinahe hätte ich ganz autistisch ich gesagt …

Doch ist das nicht mehr eine Entschuldigung oder eine Ausrede dafür, dass man sich keine Mühe gegeben hat oder schlimmer, keine Wertschätzung für den Gesprächspartner hat?

Reden Sie mit Headhunter und Personaler. Über 90 % der Bewerber sind sich ihrer Rolle nicht bewusst, was daran deutlich wird, dass sie die Aufforderung „erzählen Sie doch mal was von sich“ nicht interessant beantworten können, sondern lesen ihren Lebenslauf vor. Das ist keine Wertschätzung.

Denn den hat Ihr Gegenüber gelesen, sonst wären Sie nicht eingeladen worden.

Deshalb bereiten Sie sich auf die Aufforderung vor: „Erzählen Sie doch mal was von sich – was nicht im Lebenslauf steht“. Manch Headhunter und Personaler stellt die Frage genauso, um dem Vorlesen des Lebenslaufs zuvorzukommen.

Genau deshalb legen wir in unserem Coaching so großen Wert auf das, was wir ihr persönliches Verkaufsgespräch nennen.

Dabei beherzigen wir stets den guten Rat Voltaires: »Alles Gesagte sollte wahr sein. Aber nicht alles, was war, sollte gesagt werden.«

Jeder Tag ist entweder ein Fest oder ein Test – heißt es so treffend.

Im Rahmen von Verhandlungen, Dates aber vor allem Vorstellungsgespräch steht der Test vor dem Fest.

Je mehr negative Test-Ergebnisse ich erhalte, umso authentischer werde ich, allerdings im negativen Sinne und das ist der Eintritt in eine Negativspirale, was auf alle Fälle vermieden werden muss. Denn die 35. Absage auf Ihre Bewerbung, lässt sie nicht mehr kalt.

Deshalb kann der vermeintlich gute Rat „sei authentisch“ nur bedeuten:

Ich bin authentisch, in der Rolle, in der ich mich gerade befinde, und zwar zu 100 %.

Eins mit der Rolle sein, das ist das heimliche Ziel. Eins mit der Aufgabe werden, bedeutet Flow.

In den Flow-Zustand, der von gegenüber als authentisch souverän wahrgenommen wird, komme ich durch gute Vorbereitung und Klarheit über meine Ziele und wie genau ich diese zum Ausdruck bringen.

Klares Sprechen, setzt klares Denken voraus, und klares Denken setzt ein Ziel, eine Absicht sowie einen Plan zur Zielerreichung voraus. In einem Wort: Klarheit.

Klarheit bringt alles bisher Gesagte auf den Punkt:

Ich bin mir im Klaren darüber, wer ich bin und wer ich sein will

Ich bin mir im Klaren über mein Ziel, das ich erreichen will

Ich bin mir im Klaren über meine Mittel und die Wege dorthin

Ich bin mir über meine Zielgruppe und meine Gesprächspartner im Klaren

Diese Klarheit erreiche ich nur durch Reflexion und Übung. Klarheit ist das Ergebnis sorgfältigen Denkens und achtsamen Experimentierens.

Genau dann entsteht die Wahrnehmung bei Ihrem Gegenüber, was als stimmig bezeichnet wird.

Sie schaffen Klarheit, indem Sie Fragen stellen, lesen, recherchieren, neue Dinge ausprobieren, einen Coach engagieren und alle Möglichkeiten, die das Leben bietet, betrachten und herausfinden, was für Sie richtig ist.

Wir alle führen oft genug das Herz auf der Zunge – und bereuen später.

Auch, deshalb ist „authentisch sein“ eben nicht das Gegenteil von „ehrlich sein“, sondern „achtsam sein“.

Achtsam, in dem ich meine Ziele mit den Zielen meines Gegenübers professionell übereinanderlege.

Und wie im richtigen Leben ist es so, dass nicht jedes Date sofort zu einer Partnerschaft führt und so führt auch nicht jedes einzelne Vorstellungsgespräch zu einem Arbeitsvertrag – und das ist gut so.

Somit ist Authentizität ein „in guter Balance mit der jeweiligen Umgebung sein“.

Das schließt Unehrlichkeit genauso aus, wie die „ich bin halt so und kann nicht anders“ Einstellung.

Was ist eigentlich „authentisch sein“ im Meta-Verse?

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