Folge 113: Wie bin ich denn bloß in diese Sackgasse gekommen?

In der heutigen Folge geht es darum, wie jemand vor Jahren schon in eine Sackgasse eingebogen ist und jetzt am Ende vor einer riesigen Mauer steht und immer wieder und immer fester mit dem Kopf gegen Mauer rennt und einfach hofft, dass die Mauer nachgibt.

Das ist in einem Satz das Bild nach einem Telefonat mit einem Herrn Mitte Februar 2021.

Er hatte die Folge 112: Wie ich meinen Traumjob fand – Interview mit Fabian Werkmeister – gehört mich kontaktiert, und wir haben rund anderthalb Stunden telefoniert.

Wie ist die Situation?

Der Mann ist 44 Jahre alt, hat die letzten 26 Jahre, also sein gesamtes berufliches Leben, beginnend mit einer Berufsausbildung in einem Konzern verbracht. Er hatte keine Führungsposition inne und hat sich als Sachbearbeiter gehaltlich extrem gut entwickelt.
Im Zuge einer Restrukturierung, bei der 10 % Personal abgebaut wurde, war er dabei. Die Freistellung erfolgte bereits im Juni 2019, offizielles Vertragsende war Mai 2020. Das Arbeitslosengeld endet im April 2021 – also bald.

In dieser Zeit, nahezu zwei Jahre, hat er 130 Bewerbungen geschrieben, fünf Vorstellungsgespräche geführt und keinen Job gefunden.

Unser Telefonat war geprägt von Verzweiflung und der daraus folgenden Aggressivität.
Ich war jetzt der Überbringer der schlechten Nachricht, die jeder Anrufer in Wirklichkeit schon kennt, wenn er in sich hinein horcht – aber ich spreche sie jetzt nun mal aus.

Und sie lautet: „Sie haben einen riesigen Fehler gemacht, wissen das auch tief im Inneren, haben aber jetzt große Angst vor dem Schmerz, sich das einzugestehen.“

Klar, wer will das hören vor allem in der jetzigen Situation.

Das ist jedoch das eigentliche Problem. Denn es gilt weiterhin, dort, wo der Schmerz ist liegt, die Lösung.
Ich muss in die Höhle des Löwen gehen. Ich muss zuerst den Drachen töten, bevor ich die Prinzessin heiraten kann. Nur so funktioniert das.

Bei einem richtig großen Problem, und das ist es, über das wir hier reden, dann komme ich auch nur mit großen Taten zum Ziel.

Wenn ich jetzt 100-mal oder 200-mal oder 300-mal mit dem 100 g Haushaltshammer gegen die Wand am Ende der Sackgasse schlage, wird nichts passieren.
Wenn ich aber den zehn Kilo Vorschlaghammer auspacken und jetzt zehnmal mit aller Kraft, die mir zur Verfügung steht, gegen diese Wand schlage, dann ist die Wahrscheinlichkeit schon groß, dass sie nachgibt.

Und wenn ich keine Kraft mehr habe, dann muss ich mir halt Hilfe holen. Was sonst.

Aber warum packen nur so wenige den Vorschlaghammer aus?

Auch die Antwort möchte niemand hören:
Es ist Stolz, Geiz, Angst, Hochmut, Sturheit, Eitelkeit und Hoffnung, die so viele davon abhält, erfolgreich zu sein. Die 7 Todsünden der erfolgreichen Neuorientierung – um es auf den Punkt zu bringen.

Doch diese „Eigenschaften“ sind völlig unvereinbar mit einer erfolgreichen Neuorientierung – insbesondere Hoffnung.

Hoffnung ist keine Strategie. Ich tue immer wieder das gleiche und hoffe, dass sich irgendwann quasi wie aus Zauberhand ein anderes Ergebnis einstellt. Die Wand sich doch eines Besseren besinnt und nach gibt. Doch das ist fataler Blödsinn.

Doch welche sieben Tugenden, um im Bild zu bleiben, sind denn nun gefordert?

Es ist Demut, Zuversicht, Loslassen, Vertrauen, Gelassenheit, Mut und Beharrlichkeit.

Schafft jemand diesen massiven Turn Around aus eigener Kraft? Sehr, sehr selten.
Nur Baron von Münchhausen ist die Nummer mit dem Zopf aus dem Sumpf gelungen, soweit ich informiert bin. Alle anderen benötigen, wenn sie bis zum Hals im Morast stecken, Hilfe von Außen.

Nur ein Impuls von außen, der dringend erforderlich ist, führt zum Ziel.

Im Sport ist das völlig klar. Jeder gute Sportler weiß, wenn er das nächste Level erreichen will, braucht er einen guten Trainer oder Coach. Intuitiv wissen wir alle, dass wenn wir etwas Neues oder anderes erreichen wollen, wir auch etwas Neues und anderes tun müssen. Und wir wissen auch alle, wie verdammt schwer das ist.

Sehr viele geraten aber in die „Mehr des Gleichen Falle“ – wenn 100 Bewerbungen nicht zum Erfolg geführt haben, dann schreibe ich halt noch 100, und noch 100, … Sturheit und Angst.

Und dann steht die nächste Falle bereit, die „Ich mache was falsch Falle“. Je mehr Bewerbungen Sie geschrieben haben, um so schwerer fällt es vielen zuzugeben, etwas falsch zu machen. Und noch schwerer fällt Ihnen jetzt, sich Hilfe von außen zu holen. Geiz und Angst.

Wenn ich aber in die falsche Richtung fahre, ist dann beschleunigen, also gasgeben, die richtige Entscheidung?

Nein! Sondern anhalten. Wenn ich dabei bin, mir eine Grube zu graben, dann ist doch der erste logische Schritt damit aufzuhören, stimmts? Doch sehr viele Menschen graben einfach schneller und schneller. Denn sie denken, dass dies die einfachste und naheliegendste Lösung ist.

Doch es ist anhalten, neu orientieren, wenden und neu starten – nur das führt zum Ziel.

Eine solche Situation aus eigener Erfahrung. Ich bin im Urlaub mit einem gemieteten Wohnmobil eine Abkürzung gefahren, einer dieser grau eingezeichneten Straßen auf der Landkarte, Sie wissen, was ich meine. Doch nach 100 km war die Straße für mich zu Ende. Mit einem Unimog wäre ich vielleicht noch weitergekommen. Und ich musste mehrere Kilometer rückwärts fahren um dieses Wohnmobil überhaupt wenden zu können, um dann die 100 km zurück um dann den vermeintlich großen Bogen zum Ziel zu fahren. Natürlich habe ich mich geärgert natürlich fand ich das blöd aber was waren die Alternativen? Absolut keine – außer umkehren und neu starten. Wenn man mal von weiter fahren und das dabei das Wohnmobil schrotten absieht.

Wie ist die Situation weiter?

Die Lage dieses Herrn ist sehr, sehr kritisch oder eher katastrophal.

Warum das?

Mit 45 steht man der Wasserscheide der Karriere, entweder ich habe meine Position gefunden und starte jetzt durch.
Oder aber ich starte jetzt völlig neu – wenn ich es mir leisten kann und vor allem, wenn ich weiß, in welche Richtung. Keins von beidem ist aber gegeben.

Mit 45 haben Sie berufliche Halbzeit. 25 Jahre im Job und noch mal 25 Jahre bis zum offiziellen Rentenalter. Es trifft hier das schöne Wort „alternativlos“ zu. Es muss ein neuer Job gefunden werden – wenn der Lottogewinn denn ausbleiben sollte.

Der Branche, in der er arbeitet, geht es durchaus gut. Sie gehört schon irgendwie zu den Krisen-Gewinnern. Also daran liegt es nicht und somit scheidet a. die Branche und b. die Coronakrise als „Entschuldigung“ faktisch aus.

Auch wenn 10 % der Belegschaft über alle Hierarchieebenen hinweg entlassen worden sind, so sind aber doch 90 % der Mitarbeiter beim Unternehmen geblieben. Aber er war aber bei den 10 % dabei. Konnte er mir die typische Frage, die im Vorstellungsgespräch sicher kommt: „Warum sind sie entlassen worden?“ Beantworten? Nein konnte er nicht, ganz im Gegenteil. Seine Reaktion auf diese Fragen warf noch viel mehr Fragen auf.

Das gesamte Berufsleben, also 25 Jahre im gleichen Unternehmen zu arbeiten, kann leicht als mangelnde Flexibilität, Risikoscheuheit als Bequemlichkeit oder was auch immer interpretiert werden. Auf alle Fälle überwiegen die negativen Gesichtspunkte, denn Loyalität alleine genügt nicht. Dann kommt hinzu, in 25 Jahren im gleichen Unternehmen keine sichtbare Karriere gemacht zu haben. Wie auch immer das interpretiert wird, doch auch hier werden die negativen Gesichtspunkte überwiegen.

Es mit Anfang 40 zuzulassen, zwei Jahre aus dem Job raus zu sein, darf mit Recht als fahrlässig bezeichnet werden und muss im Vorstellungsgespräch ebenfalls nachvollziehbar erläutert werden. Was nicht einfach ist.

Und in zwei Jahren ohne Beschäftigung keinerlei Fortbildung zu machen, die die eigene Qualifikation schärft und für den neuen Arbeitgeber attraktiv macht, ist ebenfalls fragwürdig, im Sinne des Wortes.

In zwei Jahren 130 Bewerbungen zu schreiben, das ist quasi jede Woche eine, ist auch nicht unbedingt eine konzertierte Aktion, um ernsthaft einen neuen Job zu finden. Auch das wird ein Bewerbungsempfänger hinterfragen.

Hinzukommt das Gehaltsniveau. Um es ganz konkret auszudrücken, jeder Arbeitgeber bekommt diese Sachbearbeiter-Qualifikation zehn Jahre jünger und zum halben Gehalt.

Warum bereite ich das hier so aus?

Weil die Arbeitslosenzahl aus bekannten Gründen in den nächsten zwölf Monaten stark steigen wird sich sogar mehr als verdoppelt. Das ist in allen seriösen Medien wie Handelsblatt oder Süddeutsche nach zu lesen, wenn man denn will.

Es geht jetzt darum, dass sie mit aller Macht vermeiden, in genau diese Situation zu geraten.
Denn ich führe einfach zu viele Telefonate mit Menschen in einer ähnlichen, wenn auch nicht so das drastischen Situation.

Berufsperspektivisch betrachtet, liegt der Patient auf der Intensivstation und wird beatmet. Ist dieses Bild attraktiv für einen künftigen Arbeitgeber? Mit Sicherheit nicht!

„Schicken Sie mir doch bitte eine der 130 Bewerbungen zu, am besten eine aktuellere und ich werde meine ganz ehrliche Meinung dazu äußern.“ Habe ich angeboten. Leider hat er mein Angebot jedoch nicht angeboten.

Die Situation ist also schon so weit, dass auch einfache Hilfestellung von außen als mögliche Kritik an der Person und nicht an der Sache betrachtet wird und schon von Beginn an nicht mehr zugelassen wird.
Ist dieses Verhalten hilfreich und zielführend? Leider nein, ganz im Gegenteil.

Doch eine erfolgreiche Bewerbung ist wie ein Puzzle mit 100 Teilen, und erst wenn jedes Einzelne dieser 100 Teile an der richtigen Position ist, entsteht das richtige Bild, das auch vom Bewerbungsempfänger als stimmiges Bild erkannt wird. Und wenn die einzelnen Teile nicht an der richtigen Stelle sind, dann ergibt sich eben ein schräges Bild – mit den bekannten Konsequenzen.

Denn die Situation in den Unternehmen ist heute so, dass im Zweifel gegen den Angeklagten entschieden wird – aus gutem Grund.
Also im Zweifel gegen den Bewerber. Und da es im Bewerbungsspiel keine Silbermedaille gibt, also zweiter Sieger erster Verlierer, ist es einfach wichtig, dass ihre Bewerbung sitzt – und zwar beim ersten Mal. Denn es gibt auch keine zweite Chance. Wenn Sie eine Ablehnung erhalten haben, sind sie erst mal raus.

Auch mein Angebot, dann doch wenigstens meinen Online-Kurs für 1.280 € zu buchen, wurde mit dem Kommentar „Ich hab’s nicht so mit online.“ abgelehnt.

Mein Angebot, mit einem Kunden zu reden, der aktuell von mir betreut wird, wurde abgelehnt. Dieser Kunde ist nach unserem Coaching bei seinem Wunsch Unternehmen jetzt im dritten und letzten Gespräch. Und das, obwohl er mit seiner Bewerbung vor sechs Monaten eine Standardabsage erhalten hat.

Woran liegt das? Die kurze Antwort ist, weil einfach alle 100 Puzzle-Teile an der richtigen Stelle sind und damit der Außenauftritt, sprich das Personalbranding des Kunden, exzellent ist.

Es ist Handwerkskunst.

Kurze Werbeeinlage an dieser Stelle. Ja, mein online Kurs geht am Sonntag, den 14. Februar, live, was u.a. dafür gesorgt hat, dass es in der letzten Woche keine neue Podcastfolge gab, weil ich einfach voll beschäftigt war, meinen Kurs für sie online zu bringen.

Und ich bin schon ein wenig stolz darauf, auch wenn der Kurs später als von mir geplant an den Markt kommt, dass ich ganz im Zeichen der Zeit mein komplettes Outplacement Wissen in diese Form gegossen habe.
In vielen Stunden Videomaterial mit umfangreichen Checklisten, Arbeitsblättern und Vorlagen erlernen Sie genau das Handwerkszeug, das notwendig ist, um eben DEN Traumjob zu finden.

Damit bedeutet „Personal Branding“ für Sie ab jetzt, die eigenen Fähigkeiten und Erfolge ins rechte Licht zu rücken und entsprechend darzustellen, damit sie von anderen erkannt und auch anerkannt werden. Genau darum geht es doch im Bewerbungsprozess. Es geht eben nicht um das Vortäuschen falscher Tatsachen oder das Schmücken mit falschen Federn oder was auch immer wir in unserem Kulturkreis als Argument nehmen, um unser Licht unter den Scheffel zu stellen.

Es geht darum, ehrlich, aber entschieden zu den eigenen Erfolgen und Leistungen zu stehen.

Mehr nicht – das aber mit aller Kraft. Das ist es doch um ihr bestes Verkaufsprospekt zu entwickeln, ihr bestes Verkaufsgespräch zu komponieren und die für sie beste Verkaufsstrategie zu entwerfen. Wenn dies alles getan ist, und das ist reines Handwerkszeug und vor allem Fleiß, dann ist der Erfolg quasi garantiert.

Was ist es aber nun, was der oben beschriebene Anrufer jetzt ganz konkret braucht? Es ist natürlich ein exzellentes Verkaufsprospekt, sprich die Bewerbung, die herausragt, um überhaupt eingeladen zu werden. Aber das alles Entscheidende ist jetzt die Geschichte, die eine Erfolgsgeschichte sein muss, die all das oben Aufgeführte, was eindeutig gegen den Angeklagten, also gegen den Bewerber spricht, ausräumt oder zu mindestens relativiert.

Ist das machbar? Natürlich! Ist das einfach oder leicht? Nein, weder das eine noch das andere. Das ist eine riesige Kraftanstrengung, die mehrere Personen und Tage in Anspruch nimmt und mehrere Revisionen der Geschichte.

Was wäre jetzt seitens des Anrufers dafür erforderlich?

Zum einen die Bereitschaft, Zeit und Geld zu investieren und zum anderen die Erkenntnis, was Marshall Gold Smith sagte: „What got you here won’t get you there!“
Frei übersetzt: „Was dich hier hingebracht hat, wird dich nicht weiter bringen.“

Ist der Anruf dazu bereit? Leider nein! Und das meine ich aus vollstem Herzen, das ist sehr, sehr schade.

Übrigens – zu meinem Online-Kurs finden Sie hier: LINK zum Kurs

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